Mittwoch, 28. September 2011

~ 29. September (Michaelis): Tag der Engel ~

Autor: Anthera


Der 29. September ist der Festtag des Erzengels Michaels (Michaelistag) in den abendländischen Kalender eingegangen. Aus diesem Anlass möchte ich dieses Datum heute einmal in einem kurzen Exkurs betrachten und nicht nur im Sinne von Engelarbeitern im esoterischen, Engelverehrern im christlichen oder Engelmagier im magisch-okkulten Zusammenhang sprechen. Heutzutage gilt der 29. September aber auch als Gedenktag der Engel und Erzengel allgemein.

Michael ist uns als der streitbarste Engel zu einem Begriff geworden. Zu seinen bildlich dargestellten Markenzeichen zählen Rüstung, Schild und Schwert, jedoch wird ihm gelegentlich auch eine Waage als Attribut hinzugefügt, die die Wägung der Seelen von Verstorbenen symbolisiert. Aber auch das Aufwiegen unserer Entscheidungen, also das, was wir jeweils aus unseren Möglichkeiten geschöpft haben, wird mit dem Symbol der Waage auf eindrucksvolle Weise versinnbildlicht.

Michael ist aber nicht der Richter des Menschen, sondern sein Fürsprecher im Jenseits und Verbündeter. Er tröstete etwa Eva nachdem sie mit Adam aus dem Paradies verbannt wurde und half den Söhnen der ersten Menschengeneration und ihren Nachfahren in ein zivilisiertes Zeitalter. Engel hat es jedenfalls in unterschiedlichen Ausführungen und bereits vor dem Christentum gegeben. Zur Zeit der Antike gab es bereits einen jahrhunderte alten, in die heidnische Zeit zurück gehenden Verehrungskult um die geflügelten Söhne des Himmels, z. B. der Erzengel (dass es mehrere Arten von Engeln gibt und wie diese sich voneinander unterscheiden soll hier in der Kürze heute nicht Gegenstand sein). Der magische Aspekt stand damals der Zeit entsprechend auch wesentlich deutlicher im Vordergrund. Auch wenn sich Namen (möglicherweise mit ihren Aufgaben) über die Jahrhunderte und Jahrtausende wandelten, im spirituellen Kontext hat sich der Kult um die Engel erhalten und sie erfahren seit einigen Jahrzehnten wieder einen regelrechten Boom, wenn man sich die Buchregale, Räucherwaren, Talismane und anderen Artikel ansieht, die mit den Erzengeln in Zusammenhang gebracht werden.

Michael als Begleiter des Menschen gilt als eine der festen Instanzen durch alle Zeitalter der Menschheitsgeschichte hindurch und die Menschen aller Epochen haben ihn in ihre Zeit mit eingebunden, was ihn zu einem Wissensträger und Bewahrer der menschlichen Entwicklung macht, der eine wertvolle Informations- und Inspirationsquelle für uns „Heutige“ darstellen kann.

In jedem Fall hat er in all den Äonen die manchmal vermutlich recht undankbare Aufgabe übernommen, den Menschen auf seinem Weg in der materiellen Welt und durch alle Zeitalter hindurch zu begleiten. Er ist der Schutzpatron der Kämpfenden – und der Mensch ist nun mal auf seinen mal mehr oder weniger einfachen Pfaden des Lebens ein Kämpfer, der jeden Tag auf das Neue in die Herausforderung (den Kampf des Lebens) zieht und sich immer wieder neuen Aufgaben stellt, um das Gute (Lebensfreude) zu meistern und das Schlechte (Lebensmüdigkeit, Verzweiflung) zu bezwingen.

Tag der Abrechnung – des Gerichts – des Mutes – der Entschlossenheit - der Kraft

Der Michaelistag oder der Tag der Erzengel, ist der Tag im Jahr, der bis vor relativ kurzer Zeit noch als Zahltag für die Pächter und Kreditnehmer gefürchtet war. Andererseits steht die Zeitqualität gleichzeitig für Mut, Kraft und Entschlossenheit, seine Interessen für den nächsten Zeitabschnitt durchzusetzen. Dieser Tag kann deshalb gut im Zeichen des Mut- und Krafttankens stehen. Denn Mut, Kraft und Ausdauer benötigen wir z. B., um die anstehende kalte und dunkle Jahreszeit zu überstehen. Auch wenn wir heute nicht mehr mit den Widrigkeiten unser Vorfahren zu kämpfen haben, sind wir dennoch täglich mit z. T. neuen Herausforderungen konfrontiert, der eine mehr, ein anderer weniger.

Und aufgrund unserer persönlichen Herausforderungen und täglichen Alltagsscharmützel im Großen und Kleinen können wir diesen Tag dafür nutzen, uns mit der „Kraftquelle Michael“ (analog weist dieser auch Entsprechungen des ägyptischen Weisheitsgottes Toth oder dem Seelenwäger Anubis auf).

Nun mag vielleicht jemand fragen, wieso man sich ausgerechnet an diesem und nicht an einem anderen Tag mit den Engeln verbinden können sollte. Hier bleibt zu erwähnen, dass es bei der Handhabung kein Dogma gibt, im kultisch-magischen Sinn macht es jedoch Sinn, sofern man es sowieso vorhat, sich gleich an die entsprechende Tagesenergie anzuschließen, weil diese sowieso schon im Zeichen dieser Kräfte steht. Es fällt also i. d. R. leichter, sich einer eh schon bestehenden Gemeinschaft im Gedenken, im Gebet oder in Form eines persönlich gestalteten Rituals anzuschließen. Ein Samhain-Ritual wird man in der Regel auch an Samhain durchführen und weniger zu Ostara oder ein Erntedank-Ritual zum Erntedank. Andererseits spricht auch nichts gegen die Tatsache, dass einem auch während des Jahres eine reiche „Ernte“ beschert wird, was selbstverständlich auch ein „Erntedank“-Ritual z. B. im Januar zur Folge haben kann.

Möglich sind hier natürlich auch alle Formen einer hierarchisch strukturierten Ordens-Ritualistik unter Einbeziehung der astrologischen, ritualmagischen, geomantischen oder sonst wie gearteten Aspekte, aber das bleibe an dieser Stelle jedem selbst überlassen.

Der „Mutproben“-Tag

Der Michaelistag und seine Qualität können wir wieder aktiver beleben, wenn wir uns die Qualität und die Möglichkeiten zur Umsetzung in einigen Beispielen vor Augen führen:

Michael ist die Personifikation der Standhaftigkeit, er weicht nicht zurück, selbst wenn er fürchtet – wie er es tat - er könne dem Drachen unterliegen. Er lehrt uns daher, dass Streit und Auseinandersetzung zum Leben gehören, und dass man auf seinem Weg immer wieder an Scheitelpunkte kommt, an denen man um seiner selbst Willen zu seinen Überzeugungen stehen muss.

Der 29. September ist daher ein guter Tag, um uns mit der Kraftquelle Michael zu verbinden und eine persönliche MUT-Probe zu begehen. Mutproben klingen zunächst einmal seltsam. Nach Abenteuerspielplatz, Kindheit, Ferienlager, die viel zu steile Rutsche oder der viel zu hohe Sprungturm. Und man denkt zunächst einmal an die Zeit zurück, wann man seine letzte Mutprobe bestanden hat. Und wie es war, als man sich nicht traute.

Jedoch scheint es nur so als lägen diese Erinnerungen fast ausschließlich in der Kindheit begraben. Denn tatsächlich haben wir es in unserem stressigen Alltagsleben ständig mit irgendwelchen Mutproben zu tun. Wir erkennen sie nur nicht als solche.

Die Mutprobe, die Wahrheit zu sagen, auch wenn eine Lüge bequemer wäre.

Die Mutprobe, einen Neuanfang zu wagen, weil sich das alte Leben überholt hat.

Die Mutprobe, einen lieben Angehörigen im Krankheits- und Sterbeprozess zu begleiten.

Die Mutprobe, für seine Überzeugungen/seinen Glauben einzustehen… usw.


Wir können uns also einen ruhigen Raum schaffen, etwas Räucherwerk und eine rote Kerze anzünden (die Farbe Rot wird u. a. mit Michael in Verbindung gebracht, allerdings spielt die Kerzenfarbe eine tatsächlich untergeordnete Rolle, es wird genauso gut mit einer weißen Kerze funktionieren, wichtig ist dabei das persönliche Empfinden) und z. B. über die Rolle der Engel im Bezug auf den Menschen meditieren. Gern kann auch der persönliche Schutzengel oder andere Erzengel mit einbezogen werden.

Nun können wir im Geiste die Situationen durchgehen, in denen wir im Leben schon über uns hinausgewachsen sind. Wo haben wir uns mal etwas getraut und waren danach stolz auf das Erreichte? Wo hätten wir gern mehr Mut und Kraft gehabt, unsere Überzeugungen und Ideen, unsere Lebenskonzepte und Bedürfnisse anzusprechen und umzusetzen, z. B. bei der Wahl des Berufs.

Wo haben wir möglicherweise Unklarheiten in Partnerschaften? Unausgesprochene Dinge, die schon längst einer Klärung bedürfen. Aber bei denen wir bisher nicht den Mut aufbringen konnten, sie dem Partner, dem Kind, dem Chef oder den Eltern mitzuteilen.

Wo haben wir resigniert? Vielleicht bei der Arbeitssuche. Du hast 300 Bewerbungen geschrieben und bisher keine wirkliche Zusage sondern nur Absagen und Vertröstungen erhalten? Der Mut hat Dich verlassen und Du hast keine Kraft mehr, weil Du diesen Weg sinnlos findest.

Haben wir den Kontakt zu jemandem abgebrochen, den wir heute schmerzlich vermissen? Wir haben nicht den Mut, den ersten Schritt zur Versöhnung zu gehen.

Oder sind wir unzufrieden mit einer momentanen Situation (z. B. Arbeitsstelle, Wohnung), und haben nicht den Mut, neue Wege zu gehen, auch wenn diese noch scheinbar im Dunklen liegen.

Oder vielleicht sind es ganz banale und harmlos erscheinende Dinge, die vielleicht eine Mutprobe erfordern. Zum Beispiel die Angst vor Dunkelheit, Spinnen oder einem Spaziergang in der freien Natur wenn es dunkel wird.

Oder die Angst vor dem Versagen (Prüfungsangst), die Angst vor dem Leben generell.

Die Angst vor dem Alleinsein und die sich selbst auferlegte Mutprobe, mal ein Wochenende ganz allein ans Meer zu fahren, allein im Hotel frühstücken und sich selbst in der Zeit ein guter Freund zu sein.

Wir suchen uns eine Mutprobe aus, die wir erfüllen wollen, besiegeln diese Absicht mit den Engeln als Zeugen des Rituals, bitten sie (und/oder Michael) um Unterstützung, Kraft, Mut und Durchsetzungskraft und verbinden uns bewusst mit den Eigenschaften, die wir in uns verstärken wollen. Das, was uns hindert, mutig, kraftvoll, entschlossen und durchsetzungsfähig zu sein, wird mit Bitte um Verwandlung (auch: Transformation) in die Hände der Engel abgegeben.

Danach planen wir die Durchführung der Mutprobe, setzen diese an einen bestimmten Tag fest (wenn es nicht sofort zu erledigen ist, wie z. B. der einsame Spaziergang durch den angrenzenden Wald am helllichten Tag und für die ganz Mutigen bei Beginn der Dunkelheit) schätzen ihren „Wert“ in Form der zu erwartenden „Belohnung“ an uns selbst und führen sie durch. Merke: Hierbei sind die eigenen Grenzen natürlich zu respektieren und darauf zu achten, dass sich keiner Gefahr ausgesetzt wird. Es geht lediglich um Anregungen, sich für eine bewusste Veränderung eines wiederkehrenden Musters zu entscheiden und diese dann konsequent aufzugreifen.

Auf den erfolgreichen Abschluss der Mutprobe steht die Belohnung. Dass, was wir uns selbst oder innerhalb einer Gruppe an uns selbst gerichtet als Belohnung zugesagt haben, wird möglichst umgehend erfüllt.

Ich wünsche allerorts einen „interreligiösen“, toleranten und segensreichen
Engel-Gedenk- und -Danktag.

 


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